Operation im Ausland

Was spricht dagegen, sich im Ausland operieren zu lassen?

Ein zunehmendes Problem in allen Adipositaszentren in Deutschland sind Patientinnen und Patienten, die sich nach einer bariatrischen Operation im Ausland vorstellen. Jetzt, zurück in der Heimat, möchten Sie gerne medizinisch betreut werden. Sie haben von Angeboten Gebrauch gemacht, die versprechen, für einen niedrigen Festpreis ein rundum-sorglos Paket anzubieten. Flug, Unterkunft, Operation und „Nachbetreuung“ für unter 5000,- €. Jetzt stellen sie fest, dass die Hausärzte mit den speziellen Anforderungen überfordert sind und suchen Rat in einem Zentrum.

Operation im Ausland
Klingt das serös?

Natürlich ist das verlockend: Wenn man überzeugt ist, dass eine solche Operation die einzige Chance ist, die man hat um dauerhaft viel Gewicht zu verlieren, warum soll man dann die ganzen Vorbereitungen über sich ergehen lassen um am Ende vielleicht doch eine Absage von der Krankenkasse zu bekommen? Warum soll man Gutachten besorgen, die man auch noch selber bezahlen muss und wofür sechs Monate Ernährungstherapie machen, obwohl von Anfang an klar ist, dass man dadurch nicht abnehmen wird?

Wer so denkt, hat etwas nicht verstanden

Bei der Adipositas-Operation geht es nicht darum, sich mal eben operieren zu lassen und der Rest ergibt sich von alleine. Die Operation ist nur eine Krücke und funktioniert nur gut im Zusammenhang eines Therapiekonzeptes. Es handelt sich nicht um eine Schönheitsoperation! Erstens geht es nicht (nur) darum, dass der Magen kleiner wird, es geht vor allen Dingen um Veränderungen des Stoffwechsels (Metabolismus) und um eine andauernde Lebensstiländerung. Und wirklich schlank werden übrigens die wenigsten. Im Mittel reduziert sich das Übergewicht um 60-70 %, da bleibt immer noch ein Übergewicht übrig.

Der Einschnitt, den eine solche Operation bedeutet, ist viel größer, als es sich die meisten vorstellen können. Die Vorlaufzeit, die es in Deutschland braucht (je nach BMI zwischen drei und sechs Monate), ist keine Schikane! Es geht um eine optimale Vorbereitung für die Operation und vor allem für die Zeit danach!

Aber ein Schlauchmagen ist doch immer ein Schlauchmagen! Oder??

Da ist die Antwort ganz klar: Nein! Wenn eine solche Operation im Ausland durchgeführt worden ist, ist ganz oft überhaupt nicht sichergestellt, dass die Operation nach anerkannten Standards durchgeführt wurde.
Wer Patienten in der Nachsorge eines Adipositaszentrums betreut, hat schon Dinge gesehen, die man sich eigentlich nicht vorstellen kann:

  • Magenbänder, die einfach nur in den Bauch gelegt wurden, ohne den Mageneingang einzuengen.
  • Schlauchmägen, die nur minimal enger gemacht worden waren (Klammernähte sind teuer. Bei einer Schlauchmagenoperation werden bis zu sieben Magazine gebraucht. Wenn man nur zwei nimmt, hat man schnell 500,- gespart!)
  • Schlauchmägen, die gar keine Schlauchmägen waren
  • Magenbypässe, mit riesigen Magenpouches
  • Verkürzungen des Dünndarms ohne erkennbares Konzept

Alle diese genannten Befunde haben wir im Adipositaszentrum in Winsen selber gesehen. Insbesondere, wenn es zu Problemen kommt, dann ist es enorm wichtig zu wissen, was eigentlich genau gemacht worden ist. Und es ist nicht einfach das heraus zu bekommen. Einen OP-Bericht kann man nicht anfordern, eine CT-Untersuchung kann nur ein ungefähres Bild liefern, eine Magenspiegelung zeigt nur Veränderungen im oberen Anteil des Magen-Darmtraktes. Es ist schon vorgekommen, dass wir uns nur mit Hilfe einer Spiegelung des Bauchraumes einen Überblick verschaffen konnten und dann die Operation abbrechen mussten, weil die Veränderungen und Verwachsungen keine Möglichkeit zu Beseitigung der Probleme ließen.

Welche Probleme kann es denn überhaupt geben?

Es kann nach einer solchen Operation auch noch Tage und Wochen nach dem Eingriff zu Undichtigkeiten von Klammernähten kommen. Üblicherweise wird man nach drei bis fünf Tagen aus dem Krankenhaus entlassen. Das bedeutet aber nicht, dass alles in Ordnung sein muss. Viele der Undichtigkeiten fallen erst nach zwei bis drei Wochen auf.

Probleme die durch ein falsches Operationsverfahren auftreten können sind zum Beispiel:

Durchfall
  • Chronischer Durchfall
  • Eisenmangel mit Blutarmut
  • Nicht mehr zu behandelndes Sodbrennen
  • Vitaminmangel durch Resorptionsstörungen
  • Verwachsungsbauch
  • Darmverschluß
  • Ständiges Erbrechen durch Verengungen bis hin zur Unfähigkeit der Nahrungsaufnahme
  • Keine oder viel zu geringe Gewichtsabnahme
  • Viel zu große Gewichtsabnahme (durch Unterernährung)

Und wer kümmert sich hinterher um Sie?

Damit eines klar ist: Wenn es echte Probleme gibt, stehen Sie in Deutschland nicht vor verschlossenen Türen! Kein Adipositaszentrum wird Sie abweisen, wenn eine medizinische Behandlung einer Komplikation notwendig ist. Aus den oben genannten Gründen kann es aber sehr aufwendig bis unmöglich sein, überhaupt heraus zu bekommen, was das Problem ist.

Grundsätzlich haben die Krankenkassen die Möglichkeit, Behandlungskosten die als Folge einer solchen Operation auftreten, vom Patienten zurückzufordern (§52 SGB V – „Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden„).

Und was ist mit den Nachsorgeuntersuchungen?

Blutabnahme
Blutabnahme

Hausärzte können die meisten notwendigen Untersuchungen – insbesondere die Bestimmung der Vitaminspiegel – nicht mit den Krankenkassen abrechnen. Auch können nicht alle Laboruntersuchungen problemlos durchgeführt werden. Das gilt übrigens auch für die Nachuntersuchungen, die im Zentrum bei den selbst operierten Patienten durchgeführt werden. Auch diese werden (fast immer) von den Krankenkassen nicht bezahlt. Die Bezahlung ist aus Sicht der Krankenkassen mit der Operation abgegolten. Entsprechend distanziert sind die Zentren also, wenn jemand kommt, der woanders operiert worden ist.

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5 Thoughts to “Operation im Ausland”

  1. Anneliese Fiske

    Danke, Dr. Hübner, für diesen Artikel. Er zeigt noch einmal deutlich die Risiken einer solchen OP im Ausland auf. Andererseits kann ich auch diejenigen sehr gut verstehen, die sich nach diversen Schwierigkeiten mit den Krankenkassen, zu diesem Schritt entscheiden. Und fairer Weise muss man auch sagen, dass OP’s im Ausland nicht unbedingt schlecht sind. Es werden z.B. auch in Deutschland immer noch Magenbänder gesetzt, obwohl bekannt ist, dass das häufig Probleme nach sich zieht.
    Fazit: Alleine wegen der Nachsorge sollte man den Schritt der Auslands-OP sehr gut überlegen!

  2. Alexa

    Leider ist der der Artikel nur mit negativen Dingen behaftet, wo bleibt der Satz,dass es auch bei vielen gut geht und alles bestens gelaufen ist! Sicherlich kann viel schief gehen, aber es gibt auch viele Personen, die dort sehr zufrieden waren und alles bestens ist, so wie bei mir zum Beispiel. Schade, dass das nicht Mal ansatzweise erwähnt wird!

  3. Eine entfernte Bekannte von mir hat die OP in Mexiko machen lassen. Knapp 20kg Übergewicht haben dafür gereicht. Keine Vorbereitung, kaum Aufklärung. Sie findet niemanden für die Nachsorge, weil der Hausarzr gar nicht weiß, wovon sie redet. Jetzt fragt sie mich (Bypass OP 2016) ständig und ich komme mir vor wie im falschen Film. Denn ich kann ihr nicht helfen.. und ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht.

  4. Christel Scharfenort

    Ich warne in meinen Selbsthilfegruppen auch immer davor, sich im Ausland operieren zu lassen. Es ist im Endeffekt nicht der leichtere Weg, keiner denkt eigentlich richtig darüber nach, welche schlimmen Ereignisse kommen können!
    Super Artikel!

  5. Christian Moll

    Sehr guter Artikel, lieber Jost. Bringt das Thema mal auf den Punkt.

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