Pfunde weg – Partner weg?

Immer wieder berichten Patientinnen und Patienten, dass Ihre langjährige Beziehung oder auch ihre Ehe nach der Operation und den Veränderungen danach in die Brüche gegangen ist. Was hat das mit der Operation zu tun und warum ist das so?

Tatsächlich scheint es nach einer bariatrischen Operation mehr Scheidungen zu geben. In Rahmen zweier großen schwedischen Studien wurden insgesamt über 30.000 operierte Personen bis zu 10 Jahre beobachtet. 70 % dieser Patienten waren Frauen. Es hat sich gezeigt, dass die Zahl der Scheidungen bei denen, die vor dem Eingriff verheiratet waren, deutlich höher lag, als bei den nicht operierten Vergleichspersonen (insgesamt knapp 300.000). Allerdings lag auch die Zahl der Eheschließungen bei den operierten, die vor der OP Single waren, höher als bei den Vergleichs-Singles.

Mehr Scheidungen?

Anfang der 1990er Jahre hatte eine Studie [1] ergeben, dass sich Frauen nach einem deutlichen Gewichtsverlust in Folge einer Operation, selber als deutlich attraktiver und geselliger einschätzten. Gleichzeitig empfanden sie Ihre Ehemänner als deutlich unattraktiver und ungeselliger. Dieses Ergebnis hatte dazu geführt, dass davon ausgegangen war, dass die positiven Veränderungen bei einem der Partner zu Lasten des anderen Partners gingen und in es in der Folge zu mehr Scheidungen kam. Es gab sogar Erkenntnisse, die darauf schließen ließen, dass es zu Sabotageakten innerhalb einer Beziehung kommen könnte, um die drastischen Veränderungen des Partners zu stören [2].

Inzwischen wurden die Ursachen dieser Einflüsse auf die Beziehung aber etwas besser Hinterfragt [3]. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine gute und starke Beziehung von den Veränderungen deutlich profitiert. Wenn die Beziehung aber schon vor der Operation gestört war, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer Trennung danach deutlich höher gewesen.

Was hält Beziehungen in Zeiten der Veränderung zusammen?

Die o. g. Studie hat drei wichtige Punkte identifiziert, bei denen der Partner eine wichtige Rolle spielt:

1. Unterstützung bei der Vorbereitung

Es macht einen erheblichen Unterschied, ob der Partner lediglich „Zuschauer“ oder „aktiver Unterstützer“ ist. Die Unterstützung kann in verschiedenen Formen erfolgen:

  • emotional
  • praktisch
  • finanziell
  • moralisch
  • beratend

Es wird berichtet, dass die Partner sich aktiv an der Informationsbeschaffung über Adipositas-Zentren beteiligt haben, sich online informiert und Kontakt mit anderen bariatrischen Patienten aufgenommen haben. Ein positiver Effekt dieses Engagements war, dass Falschinformationen, die eine innere Ablehnung beim Partner begründet hatten, so beseitigt werden konnten. Auch kann eine Begleitung des Partners bei Gesprächen im Adipositaszentrum oder bei Besuchen der Selbsthilfegruppe von Vorteil sein.

2. Verhaltensänderungen Unterstützen

Die Operation wird von Partnern als ein Auslöser einer plötzlichen erheblichen Veränderung und einer langfristigen Anpassung wahrgenommen. Auch hier ist eine Unterstützung für eine Beziehung hilfreich. Ein positiver Nebeneffekt kann sein, dass auch das Gewicht des Partners abnimmt. Zwar gibt es auch Fälle, bei denen der Partner zunächst an Gewicht zunimmt, weil das was der andere liegen lässt ja nicht verkommen soll. Wenn allerdings eine bewusste und aktive Unterstützung des operierten Partners erfolgt und das veränderte Verhalten vielleicht sogar kopiert („gespiegelt“) wird, dann hat das auch einen Effekt auf das eigene Essverhalten und eine Gewichtsabnahme ist möglich. Das Gleiche gilt auch für die Teilnahme an körperlicher Betätigung

3. Anpassung an das „neue Normal“

Wenn es im weiteren Verlauf zur Routine wird, dass z. B. der Partner bei der Wahl eines Restaurants darauf achtet, dass sich das Angebot passend ist (Nicht „all you can eat Buffet“) und auch selber mitmacht, wenn Sport getrieben wird, dann hat das einen sehr positiven Effekt auf die Beziehung als Ganzes.

Woran geht eine Beziehung kaputt?

Eine starke Beziehung bleibt eine starke Beziehung

Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass eine Beziehung, die vor der Operation schon nicht mehr in Ordnung war und bei der der Partner also auch nicht wie oben beschrieben eine aktive Rolle bei den Veränderungen einnimmt, unter den Folgen der Operation leidet. Im schlimmsten Fall findet bereits in der Vorbereitung auf eine Operation eine Sabotage durch den Partner statt. Hier kann eventuell ein aktives Einbinden des Partners schlimmeres verhindern.

Die Teilnehmer der unter [3] erwähnten Studie beschrieben die Operation als Verstärker um eine funktionierende Beziehung zu stabilisieren oder als zusätzliche Belastung bei einer schon angespannten Beziehungssituation.

Das Ergebnis der Studie ist jedenfalls, dass eine glückliche Beziehung durch die Operation nicht in eine unglückliche Beziehung verwandelt wird und auch nicht eine unglückliche Beziehung wieder zu einer glücklichen wird. Die Tatsache, dass einige Studien nachgewiesen haben, dass es nach einer Adipositas-Op zu mehr Scheidungen kommt, entspricht also einer Art „Bereinigungseffekt“.

Quelle: Jama Surgery
[1] https://doi.org/10.1159/000288550
[2] https://doi.org/10.1381/096089297765555449
[3] https://rdcu.be/bH0Y0
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